Department Kunstwissenschaften
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WiSe 2008/09: Die Passion des Künstlers. Maler, Schriftsteller, Musiker im Film

Interdisziplinäre Vortragsreihe des Departments Kunstwissenschaften

  • Zeit: Donnerstag, 18 Uhr s.t.
  • Ort: Ludwig-Maximilians-Universität München, Hauptgebäude, Geschwister-Scholl-Platz 1, Hörsaal B 101
  • Beginn: Donnerstag, 16. Oktober 2008

Termine, Referenten, Themen

kahloAls Frida Kahlo (im Film Frida von Julie Taymor) bei einer Busfahrt einen schweren Unfall erleidet, bei dem sich eine Metallstange durch ihren Leib bohrt, rieselt Goldstaub, bestimmt für den Stuck der Oper, auf sie nieder, als wolle die Regisseurin erzählen, dass die Figur in diesem schicksalsschweren Moment eine magische Verwandlung erfährt. Es ist die Initiation zur Künstlerin, die aus dem Leid heraus metaphorisch erschaffen wird. Wie die dem Drehbuch zugrundeliegende Biographie von Hayden Herrera porträtiert der Film Frida Kahlo als eine „Malerin der Schmerzen“. Sie ist eine „exemplarisch Leidende“, wie Susan Sontag die Künstler nannte, die sich von den gewöhnlichen Leidenden durch die Gabe unterscheiden, ihren seelischen und körperlichen Schmerz in Kunst zu verwandeln. Ihre Passion macht sie zu Erben der Heiligen, die nur durch das Leiden Erlösung finden, so wie auch der Künstler häufig nur durch das Leiden zur Kunst gelangen kann.

Der Mythos von der schöpferischen Triebkraft des Leidens hat zahlreiche Künstlerbiographien geprägt und findet einen Höhepunkt in der Vorstellung, dass das künstlerische Genie seine Erfindungen aus den dunklen Tiefen von Melancholie und Wahnsinn schöpft. Das Kino kultiviert diesen Mythos, was nicht zuletzt die Attraktivität jener Künstlerviten für den Film beweist, in denen physisches und psychisches Leid in besonderer Dichte auftreten. Jüngere Erkenntnisse aus der Kreativitätsforschung, das Bewusstsein über die literarischen Mechanismen biographischer Geschichtsschreibung und die Skepsis literatur- und kunstgeschichtlicher Forschung gegenüber der Verknüpfung von Leben und Werk geben hingegen Anlass, den Wert und Nutzen des Leidens für den künstlerischen Schöpfungsakt zu relativieren. Auf der Suche nach neuen Wegen, frei erfundene und historisch verbürgte Künstlerschicksale jenseits der erprobten und populären Muster zu erzählen, haben auch Filmemacher und Drehbuchautoren immer wieder versucht, den Mythos vom leidenden Genie zu variieren oder destruieren, um vielschichtigere Antworten auf die Frage nach der Entstehung von Kunst im komplexen Feld innerer und äußerer Bedingungen zu finden. Dabei haben sie mitunter bemerkenswerte Vorstellungen von den Quellen schöpferischer Energie generiert, die auf einer impliziten Kunsttheorie basieren und in loser Verbindung zur kunsthistorischen, psychologischen und neurobiologischen Kreativitätsforschung stehen.

Die Vortragsreihe ist der Erkundung der Triebkräfte künstlerischer Schöpfung im Film gewidmet, die zwischen Leiden und Leidenschaft, Krise und Kreativität oszillieren. Ausgangspunkt ist ein weiter Künstlerbegriff, der schöpferisch Tätige aus verschiedenen Bereichen einschließt und eine Betrachtung realer und erfundener Persönlichkeiten im Spiel- und Dokumentarfilm erlaubt. Vor allem wird es darum gehen, die traditionsgängigen Künstlermythen aus aktueller Forschungsperspektive auf ihre Gültigkeit im Film hin zu befragen, um zu differenzierteren Ansichten über die Passion der Künstler und die Entstehung von Kunst zu gelangen.

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