Department Kunstwissenschaften
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Urszenen des Dramatischen: Gattung - Raum - Politik.

Zweiter gemeinsamer Workshop der Forschungsprojekte „Konkurrenz der Altertümer“ (Berlin) und „Reformulierung der Antike“ (München) an der Theaterwissenschaft München

19.11.2010 – 20.11.2010

Das Heraustreten des Hypokrites, des Antworters, aus dem vorklassischen Dithyrambos-Chor transformiert das Theater als Ort kultischen Kollektivs in einen Ort dialogischer Spannung. Die historische Realität dieses Ereignisses lässt sich nicht belegen, was seiner Funktionalisierung als Ursprungserzählung des abendländischen Theaters, als Urszene des Dramatischen, ja gar auch als ,Urszene‘ des politischen Dialogs jedoch keinen Abbruch tut: Bei Homer ist der Hypokrites noch der Deuter von Orakeln und Träumen, bei Aristoteles wird er zum Ausleger und Erklärer des Dithyrambos, doch der Hypokrites ist auch der Dialogpartner und -gegner in der philosophischen oder politischen Debatte. Diese Überkreuzung von Politik und philosophischem Gespräch und seine Lokalisierung im Ästhetischen bildet den Ausgangspunkt des interdisziplinär ausgerichteten Workshops.

Ziel ist die Kontextualisierung von Aneignungen des Dramatischen, wie sie seit dem 18. Jahrhundert rekurrent sind ! Aneignungen, in denen der zuvor unhintergehbare Primat der Griechisch-Römischen Antike in temporaler wie topologischer Hinsicht zur Disposition steht: Insbesondere in Deutschland als einer Nation ohne Territorialstaat besaß die Suche nach den eigenen Ursprüngen in der Antike als Zeit- Raum ein hohes Maß an politischer Brisanz. Dabei ist zunehmend von Altertümern im Plural die Rede: Mit Griechenland und Rom treten Ägypten und das Zweistromland ebenso wie nordisch-germanische Vergangenheiten in Ursprungs-konkurrenz. ,Antiken‘ werden zum Katalysator für die Konstruktion neuer Anfänge und Anfangserzählungen - sowohl in Drama und Theater, als auch im poetologischen und im (kultur)politischen Raum. ,Antike‘ als Ursprungserzählung ermöglicht die Neukalibrierung des Verhältnisses von Geschichte und Literatur, von Drama und Bühne, von politischem und ästhetischem Raum, von Theater und Öffentlichkeit.

Die Beiträge spannen einen weiten Bogen und umfassen gattungspoetologische Überlegungen zum Konzept des Dramatischen ebenso, wie Fragen zur Konkurrenz der Altertümer im Drama und zur politisierten und politisierenden Rezeption konkreter Antike-Inszenierungen. Die Konzentration auf das 19. Jahrhundert macht Ausgriffe auf das 18. und das 20. Jahrhundert nicht unmöglich. Sie sind - im Gegenteil -  im Sinne einer tiefenscharfen historischen Perspektive erwünscht.

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